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  review HOLZKOPFKASPER  

  rbd BAD ALCHEMY # 84        
     
         
   
 

 

... ein Erwachsener lag im Bett / warm umhüllt von dicken Decken / die Nachttischlampe erhellte die Seiten des Buches / welches die Person mit Interesse las / irgendwann aber kam die Müdigkeit / die Zeilen verschwommen / die Gedanken schweiften ab / ein Lesezeichen wurde eingefügt / das Buch zu den anderen auf den Nachttisch gelegt und das Licht gelöscht / Arme unter die Decke / nun konnte der Schlaf kommen / einige Gedanken kreisten noch im Kopf umher / doch dann segelte die Person in einen tiefen Schlaf / diese Szene / nur andersherum / die Spule wurde gedreht und der Film lief nun rückwärts / am besten in Zeitlupe / so wollten wir das / Schlaf / Gedanken / Licht / Buch / Lesen / genau so / schon war man drin / Holzkopfkasper / Einschlafmantra... Damit zieht ERIK MÄLZNER HOLZKOPFKASPER (NO EDITION # 81) wie ich gestehen muss, einer zu sein, in sein graues Universum, das weit und breit seinesgleichen sucht. EM words / computer / samples / e-guitar / percussion / tug drum / radio, das sagt so wenig über den spezifischen Sound, über den lethargischen Tonfall der Frauenstimme, den nüchternen seiner eigenen. Über die Seltsamkeit der poetisch angehauchten und zugleich klugen Texte, die mich tatsächlich ein wenig an den sachlich-bürokratischen Schreibstil von etwa Alexander Kluge erinnern. Gehasste Gefühlsduselei, bedrängende Sehnsüchte, unerfüllte Wünsche mit Gelassenheit und Standhaftigkeit ertragend, fliegen einem Mälzners bedachte Sätze ihrerseits wie Vögel ins Hirn, um dort von der Unbegreiflichkeit der Dinge zu lallen und der Illusion und Schwierigkeit von Kommunikation. Krachender Gitarrenmulm spricht jedoch dem Bemühen um Nüchtern und Sachlichkeit Hohn ... ein wirres Durcheinander von Tonhöhen und Tondauer / in der Ferne kräht ein Hahn / naive Sehnsucht ohne Ziel wie in Kinderbüchern / trotzdem Dieses in der Luft hängende trotzdem, es sagt so viel und hat doch arg zu kauen an der melancholischen Beschwernis, die Mälzners Stimme knarren lässt, wenn sie von den kleinen Geheimnissen und den kleinen Mäkeln raunt, die ein Frauengesicht interessant machen. Ein Gesicht auf einem Foto. Zeilen in einem Buch. Töne auf einem USB-Stick. Leben wie im Traum. Und dazwischen plötzlich doch ein schrappelig aufgekratzter, ungeniert dissonanter Groove. Der jedoch nicht aus dieser Traumwelt und ihrer Adagiotristesse heraus führt. Selbsteskapismus, ginge das denn? Wieviel Wirklichkeit, wieviel Wirksamkeit gibt es denn, mit den Schuhen voller Sand? Ohne vom Sofa zu fallen oder hinter Gittern zu landen? Wie ist das möglich, dass Mälzner nach 3 LPs (NO EDITION # 79) und Pearls In Mud (NO EDITION # 80) weitere derart dicke Bände in gleich hoher Qualität vorlegen kann? Und bin ich Holzkopf denn sein einziger Prophet?

rbd BAD ALCHEMY # 84, Germany

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