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  review SELEKTIVE ASSOZIATIONEN IM VERHALTENSREPERTOIRE  

  rbd BAD ALCHEMY # 103        
     
         
   
 

 

ERIK MÄLZNER kehrt mit SELEKTIVE ASSOZIATIONEN IM VERHALTENSREPERTOIRE (NO EDITION # 120), neben drei wortlosen Tracks, zurück zu kürzeren Texten, ähnlich " Now and Then". Mit der Rede von Fanpost und verstaubten Liebesbriefen. Mit der Meldung eines Auffahrunfalls, den ein Herr E. M. aus Berlin und sein Sohn leicht verletzt überstanden. Mit der frühen Prägung künftiger Risikosucher, die als Kind mit zu zahmen Löwen spielten. Mit einem Kind, das erhöht auf den Schultern des Onkels reitend doch dessen Tod nicht voraussehen konnte, und das nun auf dem Boden der Tatsachen schauen muss, wo es selber bleibt. Oder mit der nicht alltäglichen Poesie: Feiertag / letzte Vorstellung / im Osten / wo die Maikäfer flogen / schwarze Slipper / weiße Kniestrümpfe / Umhang aus Gardine / Krone aus Goldpapier / Mandriola schwingend / wie ein Musikant / so als ob / plus Tanzeinlage / mit der Verehrten / so als ob / die Nachbarn schauen / aus den Fenstern / was das soll / was das wird / so als ob. Und schließlich dem Genickbruch eines beim Luftsprung fatal bruchlandenden Lotto­gewinners als 'Gutes Ende' und Schlusspointe. Doch trotz, von einer Mandoline ab­gesehen, gleicher Instrumentierung, erklingt etwas ganz Anderes. Nämlich eingangs eine Art Stonerrock und dann sowas wie schleppende Doom-Klassik, mit Keyboards und summender Vokalisation, mit hohen und tiefen Tastentönen und mit Akkordeon­zügen, als Quasi-Ländler zu tuckerndem Traktor. Dazu raunt und knarrt Sprechgesang wie von einem Baumhirten als ein markantes Stilmittel von Mälzner, der einen, tierisch jaulend und vogelig flötend, mitnimmt hin zu einer Kirmesorgel und weiter auch zu einem zögerlichen Keysklingklang, der mit orchestralem Stakkato etwas fester Tritt fast. Immer noch auf dem Rummelplatz, zupft eine dissonante Mandoline hin zum stapfenden, von Gitarrensounds verdüsterten Duktus des vorzeitig der Schultern des Riesenonkels beraubten Neffen. Die Mandoline tut dann auch so als ob sie eine Mandriola wäre, bei der letzten Vorstellung eines seltsam verkleideten Musikanten - siehe oben - nicht zu vergessen die Krone aus Goldpapier. Bis die Gitarre überleitet zum kurzen Glück eines Glückspilzes als, wie gesagt, 'Gutes Ende', mit nochmal midi-beorgeltem Ent-Gesang, den schadenfroh beschwingt zu nennen die Pietät verbietet. Nicht verbieten lasse ich mir mein ceterum censeo, diesen Erik Mälzner (auch wenn er mir persönlich den letzten Nerv geraubt hat) endlich und dauerhaft als einen der eigenartigsten Tonsetzer weit und breit zu bestaunen.

rbd BAD ALCHEMY # 103, Germany

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